Günter Wirth
Günter Wirth

Ortega y Gasset, Stuttgart 1978:  "Die Vertreibung des Menschen aus der Kunst".

 

"... Das  >>Veständnis<<  eines Kunstwerkes läßt Kunst in den Augen vieler Menschen volksfern, ja sogar volksfeindlich sein, einfach deshalb, weil es das Publikum einteilt.  In solche, die  >>verstehen<<  (oder angeben, daß sie verstehen), und in andere, die eben  >> nicht verstehen<< ! ..."

 

 

Heinz Gappmayr:  "Formen des Konstruktiven", (Kunstforum Bd. 105, Ruppichteroth, Jan./Febr. 1990).

 

"Zukunft und Möglichkeiten des Konstruktivismus beruhen auf der Priorität des Objektiven und der Logik, nicht auf stilistischer Übereinstimmung ... Das Konstruktive ist auf eine übergreifende interdiszplinäre Komplexität angelegt.  Newman betonte  >>die Unangemessenheit der Gestalt<<  gegenüber dem Unbegrenzten.  >>Nur eine Nichtgeometrische Kunst kann ein neuer Anfang sein<< ... >>für mich ist der Sinn des Ortes nicht nur ein metaphysisches Faktum.<<" 

 

 

Harry Hempel, Beln 16.11.1991:  "Anmerkunen zu Günter Wirth".

 

"... Früh beginnt die Auseinandersetzung u.a. mit "De Stijl", und irgendwan in den fünfziger Jahren muß der Satz Mondrians eingeschlagen haben: "Vertikale und horizontale Linien sind der Ausdruck zweier entgegengesetzter Kräfte: Sie existieren überall und beherrschen alles; ihre wechselseitige Wirkung macht das Leben aus". 

 

Nach abstrakten und konstruktiven Kompositinen, zum Teil mit Collageelementen (z.B. Zeitunsausschnitten), experimentiert Günter Wirth mit einer Minimal Art unter stäniger Reduktion der Malfläche und mit tachistischen Monotypien in Schwarz-Weiß. Seine konkrete Malerei geht daraus hervor: zunächst dynamische Raum-Kompositionen in Schwarz-Weiß-Dispersionsfarbe, dann dynamische Farb-Raum-Klänge auf Leinwnd. Drukgraphik schließt an, Lithographien und Siebdrucke (Serigraphien). In den siebziger Jahren folgen Collagen in Kunsttoff-Folien-Technik. Wirth findet seine Bildsprache: immer wieder ein großes blockhaftes O, in vielen Variationen, Segmenten, Reihungen, Kippungen, Doppelbilder, die Spannung zwischen Raum und Bildfläche immer wieder anders auf die Spitze treibend, um den "Betrachter in einen höchst komplexen Bidraum einzubeziehen, in welchem er sich nicht nur äußerlich befindet, sondern durch den er zu einr Identifizierung mit seinem Ich gezwungen wird. So steht der Bildraum gewissermaßen für unser Innerstes, wobei das Bild selbst zur Chiffre unsere Bewustseins wird."  (Zitiert nach Günter Wirth "Über meine Arbeit", Moderner Grafik Kreis Mainz 1967).

 

Und heute?  Rückblickend auf seine Entwicklung schreibt er 1991: "Seit Beginn meiner Beschäfiung mit konkreter Malerei legte ich nicht so sehr Wert auf die Herstellung sich selbst genügender Werke, als auf das Untersuchen und Sichtbarmachen von Sachverhalten, Spannungen in Fläche und Raum. Das fertige Bild sollte nicht etwas uneingeschränkt Autonomes sein, sondern sich sowohl dem Raum als auch dem subjektiiven Betrachter öffnen, sollte Beziehungen herstellen zur Umwelt, zum Mythos und zur Philosophie. Reduziert bis zu einer "minimal art", zu einer  "arte povera", wurde eine Art Grundlagenforschung betrieben, die schließlich zu einem Ende führte und nicht weiter fortgeführt werden konnte ... Aber allmählich reifte dialektisches Gedankengut, und sparsam wurde Gegensätzliches eingeführt:  Der Raum wurde wieder an die Bildfläche gebunden, die konkreten Konstruktionen mit informellen Elementen konfrontiert, die monochrome Gestaltung zu farbigen Vorlagen in Beziehung gebracht. Die Strenge und konsequenz, wie sie die analytischen und rein konzeptuellen Werke der sechziger Jahre auszeichneten, wich einer lockeren und experimentierfreudigen Haltung. Zudem fand ich in den kleinen Formaten der Collagen eine Ausdrucksform, die meinen Ansprüchen an Klarheit und Präzision im Kleinen gerecht wird, die aber trotzdem monumentale Wirkungen erzeugt,"  (Zitiert nach Günter Wirth: "Von den Leinwänden der sechziger Jahre zu den heutigen Collagen", im retrospektiven Katalog, Berlin 1991)."

 

 

David Rosenbaum, Köln, August 1993:

 

"Das gesamte Werk von Günter Wirth ist von der Graphik geprägt und geht vom Kubus und den ihn umfassenden Linien aus. Die Arbeiten sind vorgezeichnet und gebaut. Im Bild "Mit rotem Quadrat", seinem ersten in Michtechnik ausgeführten konstruktiven Bild sind die Kuben der Landchaften bereis flächigen Quadraten gewichen. Das Fadenkreuz könnte bereits als Hinweis auf seine spätere Rückführung auf und Bindung an die Fläche gedeutet werden.

 

1955 entsteht in Neapel das erste aus rechtwinkligen Flächen gebaute Bild, das Ausgangpunkt für sein ganzes weitere Schaffen werden sollte. Bezeichnenderweise erhielt es den Titel "Ringraziamente alla Sirena Partenope", Danksagung der Sirene Partenope, der Schutzheiligen von Neapel. Ausschnitte dieser Arbeit wurden für neue konstruktive Kompositionen verwandt. "Corsa Interna" in Öl und collagierten Busfahrscheinen wurde sodann immer weiter reduziert, bis nur noch zwei Farben übrig blieben, "Black and Brown only".

 

Eine weitere Reduzierung der gebauten Bilder führte dann zu "Colours Eliminated" und zur Ausführung als Cover für die Mitteilungshefte des Studentenwerkes der Pädagogischen Hochschule Berlin. Weitere in Italien entstadene graphischen Entwürfe, die dann nicht ausgeführt wurden, sind "Compositinen 6 und 8".

 

Von 1960 bis 1962 unterrichtet Wirth in dekorativem Gestalten und beginnt in seinem neuen Atelier n der Schiller Strasse, Charlottenburg, mit Farbfeldmalerei und rhythmischen Kompositonen, "Warm Blue", die ihm aber bald zu banal werden, so daß er diese Reihe nicht weiter fortführt."

 

 

Maren Kroneck, Saalfeld, 27.9.1967:

 

"Günter Wirths Kunst wird wesentlich vom Konstruktivismus bestimmt. Um 1920 hatten Tatlin und El Lissitzky Elemente wie die Geometrie, die Berechnung, die Exaktheit, die Nüchternheit und die Monumentalität als Gestalt- und Ordnungsprinzipien in ihre Malerei aufgenommen. Sie setzten hart den Verstand gegen alles Gefühlige, Objektivität gegen Individualität. Die Bilder wurden nach architektonischen Gesetzmäßigkeiten gebaut, Räume durch Linien und Ebenen gegliedert und segmentiert.

 

Und Günter Wirth ist auf die holländischen Stijl-Künstler Mondrian und Van Doesburg aufmerksam geworden, die in ihrem Manifest von 1918, als der erste Weltkrieg in Europa wütete, verkündeten, daß der Mensch endlich aus den Verhältnissen Willkür, Zufall und Idividualismus befreit werden müsse, und sie setzten voll auf die Winkel, das Quadrat, sowie auf die Primärfarben Blau, Rot, Gelb und die Nichtfarben Schwarz und Weiß.

 

Später wurden von den Bauhaus-Künstlern Itten, Moholy-Nagy und Kandinsky diese "kühle Periode" des geometrischen Stils weitergeführt. Mitunter wurde für solche Werke der Begriff "abstrakt" verwendet, bis Van Doesburg den Begriff "konkrete Kunst" einführte. Zu solchen konkreten Künstlern werden u.a. auch Arp, Le Corbusier, Schwitters, Kupka oder Max Bill gezählt.

 

In den 60er und 70er Jahren setzten  dann Minimalisten (wie Sol  Le Witt oder Robert Morris) auf totale Vereinfachung der Form, auf Entpersönlichung der Kunst und auf die Prinzipien  Klarheit und Logik.

 

In solcher Ahnenreihe also sind die künstlerischen Wahlverwandschaften Günter Wirths zu suchen. Ihnen fühlt er sich nah".